Auf dem Hexenweg zum Herrgott
Der Weg vom Wirzweli (NW) zur Holzwangkapelle wartet mit Überraschungen auf. Ein Ausflugstipp für Familien, Fusspilger und Fromme. Auch an heissen Tagen empfehlenswert.
Vorsicht: Auf dieser Wanderung begegnet man haarigen Spinnen und krächzenden Stimmen. Dafür wartet mit etwas Glück am Ende der Segen eines Einsiedlers. Doch der Reihe nach. Der Himmel Richtung Engelberg ist bedrohlich düster, als wir an einem Montagmorgen Ende Juni in Dallenwil aus dem Zug steigen. Nach einem Aufstieg durchs Dorf bringt uns eine violette Seilbahn, die hier immer im Doppelpack fährt, auf das Wirzweli, wo wir bereits auf 1200 m sind.
Spinnen und Stimmen
Es gibt verschiedene Wege zur Holzwangkapelle, längere und kürzere, mit mehr oder weniger Asphalt. Am besten folgt man den Wegweisern Richtung Ächerli. Angesichts des Wetters lassen wir die Gummenalp links liegen und laufen auf direktem Weg zum Langboden. Das Schild «Wetterhexenweg» am Rand des Wanderwegs hatten wir zwar gesehen. Was sich dahinter versteckt, sollten wir jedoch erst erfahren, als der Weg von den saftigen Blumenwiesen in den Wald führt.
Plötzlich hängen riesige haarige Spinnen in dicken Netzen an Baumstämmen. Es dauert einen Moment, ehe wir in einer Senke auch das Hexenhäuschen entdecken. Als Dominik eintritt, erschrecken wir beide ob der krächzenden Stimme, die hämisch lacht und unverständliche Worte von sich gibt... Welche weiteren Überraschungen der Wetterhexenweg bereit hält, sei an dieser Stelle nicht verraten. Nur soviel: Die Wandernden lernen auch einiges über Wetter und Wolken.
Vielleicht liegt es an den Künsten der Wetterhexe, dass letztere sich nun mehr und mehr verziehen. Als wir den Wald verlassen und uns via Langboden dem Grat nähern, schützt uns ein angenehmes Lüftchen vor der zunehmenden Hitze.
Huiskafi und Käseschnitte
Das Huiskafi im Alpstübli Langboden gab’s an diesem Montag leider nicht, weil dieses nur am Wochenende offen hat. In der Alpkäserei Chieneren, gleich beim Ächerlipass, soll es ausserdem wunderbare Käseschnitten geben. Darüber hinaus stehen entlang des Weges viele Picknicktische.
Auf dem Grat, den wir nach zwei Stunden Wanderung erreichen, verläuft die Grenze zwischen den Halbkantonen Ob- und Nidwalden. Schon bald kommt unser erstes Ziel in Sicht: Am Rand der Krete ragt aus dem Wald ein spitzer Kirchturm heraus. Von der Alp Ober Holzwang aus führt ein kleiner Weg direkt durch den Wald zur weissen Holzwang-Kapelle. Diese liegt auf 1443 m, sie wurde 1905 im Auftrag von Marie Zumbühl-Odermatt erbaut, der die Alp Holzwang damals gehörte. Früher soll an dieser Stelle ein Marienbildstöckli gestanden haben. An der Rückwand der Kapelle erinnert eine Inschrift an «die gefallenen Nidwaldner Helden beim Überfall der Franzosen am 9. September 1798». Es wird vermutet, dass bei diesem Überfall Verwandte von Marie Zumbühl umgekommen sind und die Kapelle zu deren Gedenken errichtet wurde.
«Grosi, go lüüte!»
Die Kapelle ist der schmerzhaften Mutter Gottes und den Bauernpatronen St. Wendelin und St. Antonius geweiht. Sie ist im Besitz der Kapellenstiftung Holzwang und gehört zur Pfarrei Dallenwil. Bernadette Odermatt ist hier seit 16 Jahren Sakristanin. Mit ihrem Mann Klaus Odermatt bewirtschaftet sie den Hof Ober Holzwang in der vierten Generation. «Wir läuten morgens um 6 Uhr und abends um etwa 19.40 Uhr von Hand», erzählt sie. Wenn auf dem Hof viel los sei, könne das allerdings auch schon mal vergessen gehen. Den Dienst für die Kapelle macht sie gerne. «Inzwischen kommt mein Enkelkind mit, das jeweils sagt ‹Grosi, go lüüte!›» Am 10. August wird zu Ehren des Heiligen Laurentius eine Messe gehalten, ebenso am Bruder Klausen-Tag (25. September).
Ehemalige Wallfahrtskapelle
Finanziell vermag die Stiftung die Kapelle zu tragen. Seit kurzem gebe es Kerzen mit einem Kässeli und Trauerkarten, sagt Odermatt. «Aber es geht zurück, die alten Leute sterben und den jungen bedeutet die Kapelle nicht mehr so viel.» Auch von Obwalden her kämen viele herauf, «vor allem im Herbst, wenn es unten Nebel hat», erzählt Odermatt.
Von der Holzwang-Kapelle wäre ein Aufstieg aufs Stanserhorn möglich. Über die Sulzmatt gelangt man zurück aufs Wirzweli oder aber übers Ächerli nach St. Jakob bei Kerns (OW) hinunter. Wir entscheiden uns spontan zu einer weiteren geistlichen Einkehr an der Flanke des Stanserhorns: in der Wiesenberg-Kapelle (1000 m).
Der Weg führt über Wiesen und durch Wald, leider auch über Asphalt, innerhalb einer knappen Stunde zum zweiten Ziel. Das kleine Gotteshaus auf der Kapellmatt ist von weitem sichtbar.
Das barocke Gebäude geht auf das Jahr 1754 zurück. Allerdings soll schon im 14. Jahrhundert eine Kapelle auf dem Wiesenberg gestanden haben. Sie ist Maria Geburt gewidmet und galt über viele Jahrhunderte als Wallfahrtsort. Zahlreiche Votivtafeln an der Rückwand zeugen von dieser Volksfrömmigkeit. In den 1980er Jahren wirkte der Hochdorfer Franziskanerpriester Eugen Mederlet (1912–1992) hier, seit wenigen Monaten lebt der frühere Leiter des Priesterseminars St. Beat, Agnell Rickenmann, auf dem Wiesenberg und feiert hier jeden Tag eine Messe: sonntags um 9.30 Uhr, an den übrigen Tagen um 19.15 Uhr.
Angesichts der zunehmenden Hitze nehmen wir in Wiesenberg die Seilbahn zurück nach Dallenwil. Das am Morgen angekündigte Gewitter wird sich bis in den Abend hinein nicht entladen.
Für die ganze Familie
Die Wanderung startet in Dallenwil (NW), das via Stans mit dem Zug erreichbar ist. Von hier 20 Min. Fussweg zur Seilbahn Wirzweli. Die leichte Wanderung via den Wetterhexenweg (T2) zur Holzwang-Kapelle dauert zwei Stunden und ist auch für Kinder geeignet. Einkehrmöglichkeiten: Alpstübli Langboden (im Sommer an Wochenenden) und Alpkäserei Chieneren (das ganze Jahr offen). Von der Holzwang- zur Wiesenberg-Kapelle dauert die Wanderung eine Stunde. Von hier fährt eine Seilbahn zurück nach Dallenwil. Die Wanderung kann auch in umgekehrter Richtung erfolgen.