Das Miteinander der Frauen fördern
Patricia Steiner ist seit Ende März Präsidentin des SKF Luzern, Katharina Jost Graf soll am 23. Mai Co-Präsidentin des schweizerischen Dachverbands werden. Was die beiden motiviert. Und was sie über das strittige «katholisch» im Namen denken.

«SKF-Frauen sind ‹gschpürig› dafür, was für die Gesellschaft notwendig ist»: Patricia Steiner (links), neue Präsidentin des SKF Luzern, und Katharina Jost Graf, designierte Co-Präsidentin des SKF Schweiz. | Bild: Roberto Conciatori
«Frauenbande 2.0» ist das aktuelle Impulsthema des SKF. Sind die SKF-Frauen eine Bande?
Patricia Steiner: Ja, wir sind schon eine verschworene Gemeinschaft. «Bande» steht für aufbrechen, mutig sein, bisweilen frech. Und sicher für Gleichberechtigung. Ich erinnere an den Frauenstreik 2019.
Katharina Jost Graf: «Frauenbande» hatten wir schon einmal als Impulsthema, mit dem «2.0» geht es jetzt darum, als Organisation zukunftsfähig zu werden. Eine Bande sind wir ansonsten durchaus. Sicher im Kontext der Kirche.
Eine Bande ist auch ein Netzwerk.
Steiner: Das ist wichtig, darauf baut alles auf. Wir könnten aber noch viel mehr voneinander profitieren. Noch zu oft beschäftigen sich Ortsvereine mit den gleichen Problemen, ohne voneinander zu wissen.
Jost Graf: Vernetzung ist das Kerngeschäft des SKF. Frauen sind stärker, wenn sie sich verbinden, gemeinsam bewirken wir mehr. In den Gemeinden sind die SKF-Frauen gut vernetzt. Aber wir müssen das Bewusstsein dafür entwickeln, dass Vernetzung auch darüber hinaus wichtig ist.
Was bewirken vernetzte Frauen?
Jost Graf: SKF-Frauen sind «gschpürig» dafür, was für die Gesellschaft notwendig ist. Kindergärten, Spielgruppen oder Spitex-Dienste etwa entstanden häufig auf Initiative von Frauengemeinschaften und wurden später von der Gemeinde übernommen.
Steiner: Heute sind es Bereiche wie Nachhaltigkeit oder Integration-Migration. Frauen bieten einen Kleidertausch an oder ein Repair-Kaffee. Und sie begleiten Asylsuchende.
Eine Bande sind wir ansonsten durchaus. Sicher im Kontext der Kirche. Katharina Jost Graf
Welches sind die aktuellen Herausforderungen?
Steiner: Im Kantonalvorstand fehlen uns nach wie vor Mitglieder. Wir sind aktuell nur zu viert, und die Wechsel in den letzten Jahren haben viel Energie gekostet. Die Ressorts Politik, Kommunikation und Kontakte zu den Ortsvereinen sind vakant.
Auch andere Vereine haben Mühe, den Vorstand zu besetzen.
Steiner: Ja. Familie, Beruf, Sport, vielleicht noch betagte Eltern: Der Alltag fordert uns, die Gesellschaft hat sich verändert. Es ist natürlich gut, dass Frauen heute selbstständiger und selbstbewusster unterwegs sind als frühere Generationen. Aber für ein Ehrenamt bleibt da meist nicht mehr viel Zeit.
Sie sagten, manches, was SKF-Frauen aufbauten, führt heute der Staat. Braucht es den Frauenbund gar nicht mehr?
Jost Graf: Keineswegs. Die Gesellschaft funktioniert nicht ohne Freiwilligenarbeit. Wir wollen aufzeigen, wie freiwilliges Engagement noch anders gestaltet werden kann. Zum Beispiel projektbezogen. Manche Leute lassen sich für ein zeitlich begrenztes Projekt durchaus gewinnen.
Steiner: Vor der klassischen Vorstandsarbeit schrecken viele Frauen zurück. Hier könnten die Vereine neue Vorstandsformen anbieten. Wir bieten dazu Kurse an. Andererseits ist Vorstandsarbeit auch persönliche Weiterentwicklung, eine Generalversammlung leiten zu können eine Kompetenz. Das kann in einem Lebenslauf erwähnt werden.

Katharina Jost Graf (links) und Patricia Steiner. |Bilder: Robeto Conciatori

Wie gross wird Ihr Aufwand für das Präsidium sein?
Steiner: Es dürften 5 bis 10 Prozent sein. Wir arbeiten halb-ehrenamtlich, erhalten also eine Entschädigung, Sitzungsgeld und Spesen. Ein Punkt, der allerdings immer wieder diskutiert wird.
Jost Graf: Ich rechne mit 20 bis 25 Prozent und erhalte ebenfalls eine Entschädigung. Diese wiegt aber meine Pensenreduktion nicht auf. Ich baue in der Pfarrei dieses und nächstes Jahr meine Stellenprozent ab.
Was motiviert Sie zu einem solchen Engagement?
Jost Graf: Ganz praktisch: In wenigen Jahren werde ich pensioniert. Das SKF-Co-Präsidium ist eine Aufgabe, die ich darüber hinaus wahrnehmen kann. Es holt mich aus meiner Komfortzone und hält mich lebendig. Aber ich habe natürlich auch Respekt vor der Aufgabe. Die andere Ebene: Man könnte sich angesichts der Weltlage zurückziehen, ich engagiere mich lieber. Bereits machen grosse Firmen aufgrund der Geschehnisse in den USA Zugeständnisse in Sachen Gleichberechtigung. Da sage ich: Jetzt erst recht, ihr Frauen! Der SKF ist im schweizerischen Frauennetzwerk eine wichtige Stimme.
Im Kanton Luzern stecken manche Ortsvereine in einer Krise, derweil andere blühen. Weshalb?
Steiner: Wir wissen es nicht. Ich stelle nur fest, dass Vereine auf dem Land in der Regel einfacher Vorstandsmitglieder finden, weil dort viele Frauen und Mütter schon in jungen Jahren mitmachen.
Fusionen können eine Lösung sein. Ein Musterbeispiel dafür sind Grosswangen und Ettiswil/Alberswil, wo aus drei Vereinen zwei neue geworden sind.Patricia Steiner
Sind Fusionen eine Lösung?
Steiner: Sie können eine sein. Ein Musterbeispiel dafür sind Grosswangen und Ettiswil/Alberswil, wo aus drei Vereinen zwei neue geworden sind. Einer davon war der Gemeinnützige Frauenverein Grosswangen-Ettiswil-Alberswil.
Jost-Graf: Auf schweizerischer Ebene arbeiten wir zudem gut mit den «femmes protestantes», der Dachorganisation der reformierten Frauen, zusammen. Meine Erfahrungen: Fusionen muss man sachte angehen. Zumal die kirchliche Prägung eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt. Das merken wir aktuell besonders.
Weil der Vorstand der Delegiertenversammlung vom 23. Mai beantragt, den «SKF Schweizerischer Katholischer Frauenbund» in «Frauenbund Schweiz» umzubenennen.
Jost Graf: Ja. Die Absicht, den Namen zu verschlanken und das Wort «Katholisch» rauszunehmen, hat viele Reaktionen ausgelöst. Auch die kritischen Reaktionen sind für uns positiv, denn sie zeigen uns, wie wichtig das kirchliche und kirchenpolitische Engagement des Frauenbundes für viele ist. Die Angst, die katholische Identität würde verloren gehen, ist unbegründet. Sie ist im Leitbild weiterhin festgehalten. Und sie soll künftig im Claim «überraschend anders katholisch» ausgedrückt werden. Zudem stehe ich als katholische Theologin persönlich für unsere katholische Identität ein.
Von wem kommen die Rückmeldungen?
Jost Graf: Die meisten kritischen von Theologinnen, die sich von Berufes wegen eingehend mit dem Begriff katholisch befassen. Von Ortsvereinen höre ich eher: Endlich! Zudem: Es geht nicht nur um das «katholisch», unser Name ist einfach schwerfällig, weil viel zu lang. Ich sage doch schon lange wie alle anderen auch: Ich bin Katharina Jost «vom Frauenbund» und nicht «vom Schweizerischen katholischen Frauenbund». Das «Schweizerisch» unterstellt zudem, dass nur Frauen mit Schweizer Pass dabei sein können. Das hat einen nationalistischen Beigeschmack.
Was heisst der mögliche Namenswechsel für Luzern?
Steiner: Wir heissen «SKFLuzern, Kantonalverband des Schweizerischen katholischen Frauenbundes». Jeder Verein kann selbst entscheiden, ob er «katholisch» weiterhin im Namen führen möchte oder nicht. Wir werden dies im Vorstand diskutieren.
Wie positioniert sich Luzern?
Steiner: Im Vorstand gibt es unterschiedliche Meinungen. Wir haben uns nach eingehender Diskussion für ein Nein entschieden. Unser Kantonalverband hat aber 23 Delegiertenstimmen, der Vorstand nur 2 davon.
Jost Graf: Wir arbeiten seit zwei Jahren an der Namensänderung und der Widerstand dagegen war bei der Befragung der Kantonalvorstände klein. Das Nein des Luzerner Vorstands erstaunt mich deshalb. Ich freue mich auf spannende Diskussionen im Vorfeld und an der Delegiertenversammlung. Genau das macht die Frauenbande aus.
Welche Vision haben Sie für den Frauenbund?
Jost Graf: Die Mitglieder in den Ortsvereinen sollen alle wissen, dass sie Teil des kantonalen und des Schweizer Dachverbands sind. Es ist doch cool, Teil dieser riesigen Frauenbande zu sein!
Steiner: Ja. Und die unterschiedlichen Ebenen stehen nicht hierarchisch übereinander, sondern bilden im Miteinander ein grosses Netzwerk. Wenn zum Beispiel alle Beteiligten das gleiche Logo führten, würde das allein dadurch sichtbarer.
Zwei neue Präsidentinnen
Katharina Jost Graf (61, Dagmersellen) ist designierte Co-Präsidentin des SKF Schweiz; sie stellt sich an der nationalen Delegiertenversammlung vom 23. Mai in Visp zusammen mit Pia Viel (Präsidentin SKF Aargau) zu Wahl. Der nationale Dachverband zählt 17 Kantonalverbände. – Jost, Theologin, ist Pfarreisseelsorgerin im Pastoralraum Hürntal. Sie war von 2000 bis 2019 theologische Begleiterin des Kantonalverbands Luzern und gehört seither dem Vorstand des Dachverbands an. Jost ist verheiratet und hat eine erwachsene Tochter und einen erwachsenen Sohn.
Patricia Steiner (58, Sursee) ist neue Präsidentin des SKF Luzern. Sie wurde an der Mitgliederversammlung vom 27. März in Neuenkirch zur Nachfolgerin von Daniela Merkel gewählt. Der SKF Luzern ist mit 86 Ortsvereinen der grösste Kantonalverband. – Steiner (58), Medizinische Praxisassistentin, arbeitet in der Ludothek Sursee und engagiert sich seit 13 Jahren im SKF, seit vier Jahren im Kantonalverband. Sie ist verheiratet und hat drei erwachsene Töchter.