Die hohe Hürde Denkmalpflege

Schon manche Kirchgemeinden produzieren auf ihren Gebäuden Sonnenstrom. Und einige haben Pläne für Photovoltaik-Anlagen. Eine Hürde dabei ist die Denkmalpflege. Geschützte Sakralbauten als Standorte sind für sie problematisch.

 

Von Dominik Thali |  14.03.2023

Kirchgemeindepräsident Peter Kaufmann auf dem Dach des Kirchenzentrums Buchrain, das mit Pho-tovoltaik-Paneelen belegt ist. Bild: Marcel Bucher

Das Dach des Kirchenzentrums Buchrain, auf dem Kirchgemeindepräsident Peter Kaufmann steht, ist ein Kraftwerk. 231 Quadratmeter gross ist die Photovoltaik-Anlage; etwa 150 000 Kilowattstunden Strom hat sie seit dem Bau 2018 produziert. Im Jahr zuvor hatte die Kirchgemeinde bereits die Ölheizung durch den Anschluss an ein Fernwärmenetz ersetzt. Grüne Kirche, Bewahrung der Schöpfung? Klar, findet Kaufmann: «Wir sind und bleiben am Thema dran.» An seiner jüngsten Klausur beschloss der Kirchenrat Buchrain, das Umweltzertifikat «Grüner Güggel» zu erwerben (siehe Kasten). Kaufmann würde zudem gerne auf dem Dach der alten Dorfkirche Sonnenstrom produzieren.

Denkmalpflege bremst

Für die Pfarrkirche Finsterwald im Entlebuch ist das bereits beschlossen. Die Kirchgemeindeversammlung hat am 5. Dezember 95 000 Franken für eine 220 Quadratmeter grosse Photovoltaik-Anlage bewilligt. Mit dieser können pro Jahr rund 44 000 Kilowattstunden Strom erzeugt werden. Möglich ist zudem eine Ladestation für Elektroautos.

Die Kirchen nehmen unter den denkmalgeschützten Bauten eine Sonderstellung ein.
Cony Grünenfelder, kantonale Denkmalpflegerin

Derzeit läuft das Bewilligungsverfahren für die gesamte Aussensanierung. Der Kirchenrat sei überzeugt, «mit diesem Projekt einen kleinen Beitrag zur Versorgungssicherheit und zur Bewahrung der Schöpfung zu leisten», sagt Präsident Pius Hofstetter. Sonnenstrom vom Kirchendach ist freilich nicht selbstverständlich. Buchrain und Finsterwald sind – neben Hohenrain – die Ausnahmen. Grund: Diese Kirchen sind zwar als erhaltens- oder schützenswert ein­gestuft, aber nicht im kantonalen Denkmalverzeichnis aufgeführt. Bei solchen Kirchen kann die kantonale Denkmalpflege nur beraten, nicht aber entscheiden.

Ortsbilder beeinträchtigt?

Auf denkmalgeschützten Kirchen hingegen sind Solaranlagen kaum möglich, wie die kantonale Denkmalpflegerin Cony Grünenfelder deutlich macht. Es werde im Einzelfall geprüft, ob eine Solaranlage mit den Schutzzielen vereinbar sei, aber die Kirchen nähmen unter den denkmalgeschützten Bauten eine Sonderstellung ein, sagt sie. Kirchen seien kunst- und kulturhistorisch besonders wertvolle Gebäude, die durch ihre Lage und Grösse Dörfer oder Gemeinden prägten und deshalb «möglichst ungeschmälert zu erhalten» seien, erklärt Grünenfelder. Der Verlust der bauzeitlichen Eindeckung und der Materialwechsel beeinträchtigten aber den Wert des baukulturellen Erbes und veränderten das Erscheinungsbild stark. Aus diesen Gründen seien «Solaranlagen auf Kirchendächern denkmalpflegerisch problematisch». Weiter gibt Grünenfelder zu bedenken, dass die 375 denkmalgeschützten Sakralbauten im Kanton Luzern nur 0,3 Prozent aller Gebäude ausmachten. Die Denkmalpflege empfehle deshalb, auf andere auszuweichen oder Sonnenstrom einzukaufen.

Der Entlebucher Kirchgemeindepräsident Pius Hofstetter vor der Kirche Finsterwald, die mit einer  Photovoltaikanlage aus­gerüstet werden soll. Das ist dort möglich, weil der Bau zwar als schützenswert eingestuft, aber nicht im kantonalen Denkmalverzeichnis aufgeführt ist. | Bild: Bruno Röösli

Der Entlebucher Kirchgemeindepräsident Pius Hofstetter vor der Kirche Finsterwald, die mit einer  Photovoltaikanlage aus­gerüstet werden soll. Das ist dort möglich, weil der Bau zwar als schützenswert eingestuft, aber nicht im kantonalen Denkmalverzeichnis aufgeführt ist. | Bild: Bruno Röösli

Der Buchrainer Kirchgemeindeprä­sident Peter Kaufmann versteht Grünenfelders Erklärung, bedauert aber, dass sich die Denkmalpflege «mit energetisch sinnvollen Investitionen nicht anfreunden» könne, wie er sagt. Sein Wolhuser Kollege Philipp Steffen nimmt die Denkmalpflege in Schutz. Diese sei zwar «eine grosse Hürde, manchmal aber auch zu Recht». Steffen bezweifelt, ob eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach der Wolhuser Kirche und des Josefshauses «fürs Ortsbild wirklich dienlich» sei.

Landeskirche soll vermitteln

Vor diesem Hintergrund sind Auseinandersetzungen programmiert. Denn es gibt derzeit in etlichen Kirchgemeinden «sonnige» Pläne:

Römerswil hat im Investitions- und Aufgabenplan für 2024 eine Photovoltaik-Anlage auf dem Kirchendach vorgesehen. «Mit der heute möglichen Farbgebung der Paneele sollte doch eine optisch verträgliche Lösung zu finden sein», findet Kirchgemeindepräsident Toni Wiederkehr.

Knutwil möchte laut Kirchgemein­depräsident Thomas Arnet ebenfalls eine Solaranlage auf das Kirchendach setzen. Arnet schlägt vor, die Landeskirche solle für solche Projekte mit der Denkmalpflege ein einheitliches Vorgehen festlegen.

In Willisau ist eine Photovoltaik-Anlage auf dem Kirchendach für Kirchgemeindepräsidentin Evelyne Huber «eine Vision».

In Hildisrieden prüft der Kirchenrat, im Zuge der anstehenden Kirchendachsanierung eine Photovoltaik-Anlage zu installieren. «Das würde unsere Wärmepumpenheizung optimal ergänzen», sagt Kirchgemeindepräsident Fritz Amrein.

Es gibt schon viele Anlagen

Solaranlagen auf kircheneigenen Gebäuden, die keine Sakralbauten sind, gibt es derweil schon viele, weitere sind geplant. Oberkirch hat schon lange für das Warmwasser eine solarthermische Anlage. Die Migrantenseelsorge produziert seit vier Jahren auf dem Dach des Centro Papa Giovanni in Emmenbrücke Sonnenstrom. Die 200 Paneele lieferten 2022 gut 63 000 Kilowattstunden, von denen das Centro 40 Prozent selbst verbrauchen konnte. Ebikon stattete 2018 die Wohnüberbauung Höfli mit einer 232 Module starken Photovoltaik-Anlage aus. In Willisau und Littau fliesst Strom vom Dach kirchgemeindeeigener Wohnhäuser, in Littau zusätzlich vom Pfarrsaal-Dach, in Zell von ei­nem anderen Kirchenbau. Meggen rüstet dieses Jahr das Pfarreizentrum nach. Nebikon prüft eine Photovol­taik-Anlage auf dem Pfarrhausdach, Schötz-Ohmstal auf dem eigenen Mehrfamilienhaus und Wolhusen auf dem Pfarreiheim. Malters schliesslich produziert Sonnenstrom schon lange auf dem Pfarrhausdach, saniert nächstens das Sigristenhaus und installiert dabei ebenfalls eine Photovoltaik-Anlage.

Wo der Güggel kräht

Der Grüne Güggel ist das Umweltmanagementsystem des Vereins oeku Kirchen für die Umwelt. Es hilft Kirchgemeinden, ihre Umweltleistung zu verbessern. Über oeku haben seit 2015 rund 60 Kirchgemeinden und Kantonalkirchen das Zertifikat erhalten; zuletzt die Kirchgemeinde Luzern Ende Januar als erste im Kanton. Buchrain und Littau sind auf dem Weg dazu. Stärkste «Güggel»-Kantone sind Zürich und Thurgau.

oeku.ch | gruener-gueggel.ch