Die Kirchen an den Küchentisch bringen
Annegret Wicki bringt in Römerswil Menschen, die keinen Gottesdienst besuchen können, die Kommunion. Biblisch verortete Begegnung, die stärkt und Abwechslung in die Einsamkeit des Alltags bringt.

«Das Brot des Lebens soll dich stärken»: Annegret Wicki legt Kobi Elmiger die Kommunion in die Hand und hat Zeit zum Reden. | Bild: Dominik Thali
«Zuerst nehmen wir amigs es Kafi», sagt Annegret Wicki. Kobi Elmiger, den sie an diesem Nachmittag besucht, nimmt die Kanne von der Anrichte in der Bauernküche, Annegret schenkt ein, denn Kobis Augen sehen die Gläser auf dem Tisch kaum mehr. In vertrauter Umgebung bewegt sich der 88-Jährige aber noch recht sicher. «Nämid säuber drii», sagt er und zeigt auf die drei Flaschen: Träsch, Zwetschgen, Kirsch.
Miteinander beten
Gesprochen wird nicht viel. Kobi Elmiger, seit zwei Jahren verwitwet, berichtet, was er heuer im Garten gesät und gesetzt hat. Nach einer halben Stunde fragt ihn Annegret Wicki, ob sie ihm nun die Kommunion spenden dürfe. Er nickt. Sie zündet eine Kerze an, die beiden sprechen das Vaterunser und das Bruder-Klausen-Gebet, Wicki legt Elmiger die Hostie in die Hand mit dem Wunsch, das Brot des Lebens möge ihn stärken. Das Kreuzzeichen schliesst die kurze Feier ab.
Wie es gewünscht wird
Annegret Wicki besucht in ihrer Pfarrei zurzeit vier betagte Personen regelmässig. Sie bringt viel Lebenserfahrung in diese Aufgabe: Wicki ist 77, Mutter von fünf Kindern, war Bäuerin, Gemeinderätin und Sakristanin, gestaltete lange Wortgottesdienste und besucht seit Jahren Betagte. Vor 25 Jahren fragte sie der damalige Pfarrer, ob sie ihn bei der Hauskommunion unterstützen wolle. Das von ihm erhaltene Büchlein «Die Feier der Krankenkommunion» nimmt Annegret Wicki heute noch mit. Doch sie gestaltet ihre Besuche weitgehend frei. «So, wie die Menschen es wünschen und vielleicht von früher gewohnt sind», sagt sie.
Da möchte vielleicht eine Person immer am Herz-Jesu-Freitag besucht werden, jemand anderes stellt ein Kreuz oder Bild auf den Tisch, ein Gebet aus der Kindheit wird wieder wichtig. Oder es ist wie bei Kobi: Das Kafi zu Beginn. Die Kommunion selbst ist zwar zentral, ebenso wichtig ist Wicki aber der Besuch selbst, weil er eine Gelegenheit ist, gelebte Kirche in eine Küche oder Stube zu bringen. Will heissen: Da kommt jemand, der zuhört und nicht wertet, der wahrnimmt und Verbindung schafft zu dem, was eine Pfarreigemeinschaft trägt, aber auch zu Angehörigen oder Nachbar:innen, wenn jemand etwas braucht. «Hilfe darf nicht kompliziert sein», beschreibt das Annegret Wicki.
Heilsame Begegnung
Thomas Villiger, langjähriger Pfarreileiter und Seelsorger in Römerswil, verweist auf das Bibelwort aus dem Matthäus-Evangelium: «Ich war krank und ihr habt mich besucht.» Für ihn ist die Hauskommunion «vielfältige Begegnung: mit Jesus Christus im Wort und Brot des Lebens, und mit jenen, die da sind», sagt er. Den Menschen werde die Kommunion nach Hause oder ans Krankenbett gebracht, damit sie aus dieser heilsamen Begegnung Kraft schöpfen können. «Sie erfahren dabei, dass sie einerseits verbunden bleiben mit Christus, der sie gerade in kranken Tagen stärkt. Aber auch mit der Pfarrei, mit Menschen, die an sie denken und für sie beten.» Villiger sagt, er habe oft erlebt, dass auch Angehörige, die mitfeiern, in ihrer oft schweren Pflegeaufgabe Stärkung erfahren.
Zufrieden und gestärkt
Das bestätigt Annegret Wicki. Nach einer Dreiviertelstunde verabschiedet sie sich: «Alles Gueti und bes baud!» Kobi Elmiger winkt. Sie habe viele schöne Erinnerungen an solche Besuche, sagt Wicki. «Auch wenn es mir selber nicht so gut ging, kehrte ich danach immer zufrieden und gestärkt nach Hause zurück.»
Kursangebote
Der Dienst der Haus- und Krankenkommunion kann von Frauen und Männern aus einem Pastoralraum ebenso geleistet werden wie von Seelsorger:innen. Die Landeskirche bietet dafür 2026 neu einen Kurs an.
Dieser richtet sich an Personen, die bereits einen Kurs für Lektor:innen und Kommunionspender:innen besucht haben. Solche Kurse gibt es jährlich mehrmals. Der nächste findet am Samstag, 30. August, in der Klosterherberge Baldegg statt.