Jungs und Mädchen gemeinsam am Altar

Seit 1992 erlaubt der Vatikan offiziell Ministrantinnen, das Bistum Basel seit den 70er-Jahren. Drei «Minis» aus Schüpfheim nehmen Stellung zu den Befürchtungen von damals.

Von Sylvia Stam |  14.12.2022

Fabienne (vorne links) und Selina (vorne rechts) haben Spass bei einer Mini­strant*innenprobe in der Pfarrkirche Schüpfheim. Bild: Patrick Rösch

«Es ist schön, in einem Team dem Seelsorger zu helfen. Ich fühle mich dabei näher bei Gott», sagt Selina (16) über den Dienst als Ministrantin. Ihre Freundin Fabienne (17) fand die Kinder in den weissen Kleidern, die im Gottesdienst Sachen tragen dürfen, «schon immer cool». Beide ministrieren in der Pfarrei Schüpfheim, ebenso Fabiennes Bruder Dario (12). Anfangs fühlte er sich etwas ausgestellt, aber inzwischen gefällt es ihm, «zuzuschauen, was im Gottesdienst passiert, und zuzuhören, was gesagt wird». Auch Fabienne findet es interessant, «dem Seelsorger zuzuhören». Oft könne man davon etwas mitnehmen, findet Selina. 

Dass Mädchen früher nicht ministrieren durften, ist für die drei «Minis» Schnee von gestern. Dabei gab es damals handfeste Befürchtungen: «Mädchen sind anders als Jungs. Daher vertragen sie sich oft auch nicht so gut, besonders im Alter zwischen 8 und 13 Jahren», schrieb Erich Schredl, heute Pfarrer in Ingolstadt, im Jahr 2000 in seinem Buch «Wir Minis». Die Jungs hätten zudem eine gewisse Konkurrenz gefürchtet, so Schredl. 

Gute Dynamik

«Es spielt überhaupt keine Rolle, ob ich mit Jungs oder mit Mädchen zusammen ministriere», sagt hingegen Dario. Er kenne die meisten Minis­trantinnen von der Schule her und verstehe sich gut mit ihnen. Fabienne und Selina pflichten ihm bei. «Wenn Mädchen und Jungs zusammen sind, gibt das eine gute Dynamik», sagt Selina (16) mit Blick auf die Ausflüge, etwa in den Europapark. 

«Wenn Mädchen und Jungs zusammen sind, gibt das eine gute Dynamik.»Selina (16)

Der Vatikan erlaubt Ministrantinnen offiziell seit 1992, auch wenn vielerorts schon früher Mädchen am Altar dienten (siehe Kasten). Die liberale Praxis in den Pfarreien dürfte mit der Aufbruchstimmung nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil zusammenhängen. Im Konzilsdokument zur Liturgie von 1963 heisst es, «auch die Ministranten […] vollziehen einen wahrhaft liturgischen Dienst». 

Eigenständiger Dienst

Mit dieser Formulierung sei der Dienst als «eigenständig und nicht von einer Weihe abgeleitet oder durch eine geweihte Person delegiert» verstanden worden, schreibt Felix Neumann auf katholisch.de. Die Loslösung des Ministrantendienstes von der Priesterweihe sei eine wichtige Bedingung für die Zulassung von Mädchen gewesen. 
Waren Ministrantinnen im Kirchengesetzbuch von 1917 noch explizit verboten, fehlte dieses Verbot in der überarbeiteten Version von 1983. Die offenere Formulierung der Aufgaben von Laien liess Spielraum für Inter­pretation. Neun Jahre später bestätigte Papst Johannes Paul II., dass Mädchen ministrieren dürfen.