Lichterglanz für Menschen in Armut

Das Licht von Weihnachten strahlt nicht für alle Menschen gleich hell. Darauf weist Mitte Dezember die Aktion «Eine Million Sterne» hin. Bei der Caritas Zentralschweiz laufen viele Fäden dafür zusammen.

Von Dominik Thali |  26.11.2025

«Das Kerzenmeer senkt die Temperatur der fiebrigen Vorweihnachtszeit»: «Eine Million Sterne» im Dezember 2023 vor der Hofkirche Luzern. | Bild. Thomi Studhalter

Wenn dieses Jahr am 13. Dezember nach dem Eindunkeln das Kerzenmeer wieder an rund 100 Orten in der Schweiz leuchtet, meist vor Kirchen, hat die Arbeit dafür im Caritas-Haus in Littau schon im Januar begonnen: Die Windlichter vom letzten Mal reinigen, mit neuen Kerzen bestücken, die Schachteln einlagern, Gläser und Kerzen nachbestellen, alles lieferbereit machen. Im September dann schreibt Caritas die örtlichen Partnerinnen und Partner wieder an, stellt die Bestellungen zusammen und liefert aus. 30 000 bis 40 000 Kerzen sind es allemal.

«Eine Million Sterne» sei «ein umfangreiches Projekt», sagt Rainer Bossard, der bei Caritas Zentralschweiz für die Aktion zuständig ist. In die organisatorische Verantwortung nimmt er jeweils Praktikant:innen, Attestlernende und Zivildienstler. Seine Erfolgsrechnung: Etwa 120 Stunden Aufwand allein in der Logistik und «super Learnings» für die Beteiligten.

Reto Stalder nickt. Er spricht von einer «logistischen Grosstat» und meint damit aber nicht nur die Vorbereitung von «Eine Million Sterne», sondern auch den Anlass selbst. Stalder, Leiter des Caritas-Brockis in Emmenbrücke, hilft seit 2022 vor der Hofkirche in Luzern mit. Diesen Standort bespielt Caritas Zentralschweiz selbst. Die Hunderte Kerzen erst in schnurgerader Linie und regelmässigen Abständen aufzustellen und schliesslich anzuzünden sei je nach Wetter «sehr herausfordernd», sagt Stalder.
 

Die Caritas-Praktikanten Julian Sager (links) und Ueli Frei versehen die Windlicht-Gläser mit neuen Kerzen. | Bild: Roberto Conciatori

Der Zivildienstleistende Dominic Hitz bringt die gerüsteten Paletten für das kommende Jahr ins Lager. | Bild: Roberto Conciatori

Das Konsumfieber senken

Für ihn ist «Eine Million Sterne» inzwischen ein Fixpunkt im Advent. «Das Kerzenmeer senkt die Temperatur der fiebrigen Vorweihnachtszeit», findet er. Mitten im Dezember rücke die Aktion ins Zentrum, was Weihnachten bedeute: «Es geht um die Würde aller Menschen.» Bei «Eine Million Sterne» erlebe er das auf sinnliche Weise, sagt Stalder: «Es steht nicht der Konsum im Zentrum, sondern Mitgefühl und Solidarität.»

Solidarische Zentralschweiz

Christine Gerstner hakt hier ein. Sie leitet den Bereich Kommunikation im Caritas-Netzwerk Schweiz und ist national für «Eine Million Sterne» verantwortlich. Wichtiger als Spenden zu sammeln sei, auf das Thema Armut aufmerksam zu machen. In der Zentralschweiz kommen jeweils um die 30 000 Franken zusammen; gesamtschweizerisch ist der Aufwand laut Gerstner höher als das Spendenergebnis.

«Armut ist auch bei uns Realität, für die meisten Menschen bleibt sie jedoch unsichtbar», betont sie aber. Und ist froh um die Sensibilisierung über «Eine Million Sterne», die in der Zentralschweiz besonders gut sei. Caritas Zentralschweiz betreut hier alle sechs Kantone und damit gegen 30 der etwa 100 Veranstaltenden gesamtschweizerisch. Dies sei ein Ausdruck der katholischen Verwurzelung der Zentralschweiz. «Eine Million Sterne» werde hier seit dem Beginn mit eigenen Anlässen unterstützt. Gesamtschweizerisch ist die Beteiligung an der Aktion gemäss Gerstner konstant.

 

Eine Million Sterne im Dezember 2022 vor der Hofkirche Luzern. | Bild: Thomi Studhalter

Sich verzaubern lassen

Ungeachtet der Ziele von Caritas ist «Eine Million Sterne» eine Aktion, die viele Menschen im Herzen erreicht. «Das Kerzenmeer lässt niemanden kalt», sagt Reto Stalder. Kinder, Erwachsene, ältere Menschen, sie alle sind berührt.» Er erzählt von einem etwa 50-jährigen Mann, der zufällig vorbeigekommen sei und gesagt habe, er habe ein finanziell gutes Jahr gehabt. Die Aktion mache ihn nachdenklich. «Es war ihm deshalb ein Anliegen, selbst eine Kerze zwischen die anderen zu stellen und für Armutbetroffene in der Region zu spenden.»

Christine Gerstner hat solche Erfahrungen auch schon gemacht. «Eine Million Sterne» ziehe überhaupt «alles» an: Tourist:innen, welche die Lichter fotografierten, die jährlich Wiederkehrenden, die sich von der Stimmung verzaubern liessen und bei einem Glas Punsch verweilten – und aber auch «jene Unbelehrbaren», sagt Gerstner, «die der Caritas erklären möchten, dass es in der reichen Schweiz keine Armut gibt».

Umso mehr freut sie sich über jene, die wissen wollen, was Caritas für Armutsbetroffene mache. Weil Wissen das Bewusstsein schärfe und eine Voraussetzung für Solidarität sei: «Diese wirkt hoffentlich auch, nachdem die Kerzen erloschen sind.»

Am 13. Dezember leuchtet es

«Eine Million Sterne» ist eine Aktion des internationalen Caritas-Netzwerks jeweils im Advent. Caritas will damit ein Zeichen der Verbundenheit mit Menschen setzen, die von Armut betroffen sind. Örtliche Veranstaltende, oft  Pfarreien, verwandeln bei der Aktion öffentliche Plätze in strahlende Lichtermeere. Damit ist eine Spendenaktion verbunden.
Haupttag von «Eine Million Sterne» ist dieses Jahr der Samstag, 13. Dezember. Die Aktion gibt es seit 1991, in der Schweiz seit 20 Jahren.