Niklaus und Dorothee werden lebendig
Das Leben von Niklaus von Flüe und Dorothee Wyss in einer 360 Grad-Lichtshow: Im «Lumeum» bei Kerns (OW) werden die Besuchenden Teil der farbigen Szenerie.

Die Lichtshow zu Bruder Klaus und Dorothea wurde im ehemaligen Hallenbad des Klosters Bethanien eingerichtet. | Bild: Lumeum
«Eindrücklich» ist das Wort, das Elisa Fuhrmann am häufigsten hört, wenn Besucher:innen die Show «Niklaus und Dorothee Alive» gesehen haben. Fuhrmann arbeitet am Empfang des «Lumeum», einer Ausstellung im Kloster Bethanien (OW), unweit vom Ranft.
Während 40 Minuten wird anhand von 100 Bildern die Lebensgeschichte von Niklaus von Flüe und seiner Frau Dorothee Wyss erzählt. Die Ölbilder wurden eigens hierfür von Olivier Desvaux gemalt und daraufhin digitalisiert. Nun werden sie als technisch anspruchsvolles 360 Grad-Erlebnis mittels 24 Beamern an die vier Wände und über den Boden des ehemaligen Hallenbads der Dominikanerinnen projiziert. Die Besuchenden werden so zu einem Teil der Szenerie, darum wird die Show «immersiv» genannt.
Ein tanzendes Liebespaar
Die Besucher:innen können frei im Raum herum gehen oder sich auf eine Bank am Rande des Beckens setzen. Der Boden des früheren Hallenbads ist leer, bis auf ein paar Sitzkissen, die wie die geäderten Steine aus der Melchaa aussehen.
Die «immersive Reise» beginnt mit einem heftigen Regenguss inmitten der Skyline von Obwalden. Es folgen Bilder – mal statisch, mal bewegt – aus dem Leben in Sarnen und Umgebung im 15. Jahrhundert: Im Vordergrund einer Marktszene in Sachseln sieht man ein junges Paar, das zu tanzen beginnt und sich der Wand entlang weiterdreht. In der Mitte der Stirnseite des Hallenbads verwandelt es sich in ein Hochzeitspaar, das sich unter einem gotischen Torbogen küsst, während rosa Blütenblätter herabflattern.
Fokus auf Dorothee
Das romantische Bild ist typisch für die Multimediashow: Bunt und leichtfüssig, mal mit klassischer Musik, mal mit Jodelgesang unterlegt, wirkt die Geschichte von Niklaus und Dorothee gefällig und nahezu märchenhaft. Die tiefe Sinnkrise des Mannes, der seine Frau und zehn Kinder verlässt, ehe er zum Eremiten und Friedensstifter wird, wird dabei nicht geleugnet. Sein Ringen wird ebenso ins Bild gesetzt wie sein vergeblicher Pilgerweg ins Elsass. Dennoch bleibt die Vielschichtigkeit der sperrigen Hauptfigur dabei etwas auf der Strecke.
Erfrischend wirkt dafür der starke Fokus auf Dorothee: Während gängige Biografien des Eremiten sein Wirken für die Gesellschaft hervorheben, zeigt das Lumeum in vielen Bildern, wie das Leben von Dorothee und ihren Kindern weitergeht: Mit Heuen, Nähen, Kinderwickeln und einem traurigen Blick aus dem Fenster. Politiker und Pilger suchen Niklaus’ Rat, Dorothee dagegen bleibt einsam draussen vor dem kleinen Fenster zur Klause zurück.

Traumhochzeit in Sachseln: Die Lichtshow stellt die Hochzeit von Niklaus von Flüe und Dorothee Wyss sehr romantisch dar. | Bild: Sylvia Stam
Die 360-Grad-Lichtshow geht auf eine Idee von Silvère Lang zurück, Regisseur und Mitglied der charismatischen Gemeinschaft «Chemin Neuf», die seit 2012 das Seminarhotel des Dominikanerinnenklosters Bethanien führt. Lang oblag die Projektleitung der Show. Deren Ziel sei es, «die Friedensbotschaft von Niklaus von Flüe in die Welt zu tragen. Die Welt braucht Friedensstifter», sagt Lang. Niklaus und Dorothee hätten als Paar «eine klare Linie» gehabt, «sie sind keine Kompromisse eingegangen und waren ein Vorbild im Glauben».
Die Botschaft des Friedensstifters wird in der Show auf gelungene Weise ins Heute übersetzt: Dank dem Rat von Bruder Klaus beim Stanser Verkommnis von 1481 fanden die zerstrittenen Kantone einen Kompromiss. Zu den historischen Bildern der Tagsatzung von Stans werden in der Lichtshow Fragen eingeblendet, die 1998 zum nordirischen Friedensprozess führten: «Wie können wir besser zusammenleben? Sind unsere Unterschiede so gross?», heisst es da etwa. Am Ende der Show werden Köpfe von Friedensstifter:innen weltweit eingeblendet: Mahatma Gandhi ist hier ebenso zu sehen wie die Geschwister Scholl, Papst Franziskus oder Nelson Mandela.
Niederschwelliger Einstieg
«Leute, denen die Geschichte von Niklaus und Dorothee vertraut ist, erkennen vieles wieder und sind gleichzeitig nochmals anders berührt», sagt Elisa Fuhrmann über die Reaktionen der Besucher:innen. Wer ihn noch nicht kannte – wie manche zufällig vorbeikommenden Jakobspilger:innen – werde durch die Show neugierig auf die Orte im Ranft.
Die Show eignet sich zweifelsohne als niederschwelliger, inspirierender Einstieg in das Leben und Wirken von Dorothee und Niklaus. Auch dürften sich junge Menschen von den farbigen bewegten Bildern angesprochen fühlen. Für eine vertiefte Auseinandersetzung liegen am Empfang sowie im Laden im Ranft zahlreiche Bücher bereit.