Uni Luzern: Bistum Basel lädt zum Runden Tisch

Anfang Juni machte eine Petition publik: Am Religionspädagogischen Institut der Universität Luzern werden Stellen abgebaut. Die Uni begründet dies mit Sparmassnahmen. In die Debatte mischte sich auch der Luzerner Synodalrat ein. Diese Woche lädt das Bistum Basel nun zu einem Runden Tisch.

 

Von Sylvia Stam |  26.06.2025

Die Uni Luzern muss sparen. Betroffen ist unter anderem das Religionspädagogische Institut, das zur Theologischen Fakultät gehört. Bild: Sylvia Stam

«Drastische Sparmassnahmen der Theologischen Fakultät Luzern bedrohen die Existenz des Relgionspädagogischen Instituts (RPI) als schweizerisches Kompetenzzentrum für Religionspädagogik», heisst es in der Petition «Kahlschlag am RPI», die am 6. Juni publiziert wurde. Die Petition wurde inzwischen von 1600 Personen unterzeichnet (Stand 26.6.), darunter namhafte Personen aus der katholischen Kirche Schweiz.

Auslöser der Petition sind mehrere Kündigungen. Gekündigt wurde zwei Dozierenden in den Bereichen Bibeldidaktik (30 Prozent) sowie Dogmatik, Fundamentaltheologie und Liturgiewissenschaft (60 Prozent) und einer Person in der Verwaltung. Dies geht aus einem Mail der Dekanin Margrit Wasmaier-Sailer an eine Interessengruppe hervor, das dem Pfarreiblatt vorliegt. Eine weitere Stelle im Bereich Katechese (total 90 Prozent) wurde gemäss den Initiant:innen der Petition nicht wiederbesetzt.

Eine halbe Million einsparen

Die Theologische Fakultät (TF) bestätigt die beiden Kündigungen, die Stelle im Bereich Katechese, deren Inhaberin selbst gekündigt hat, werde «teilweise nachbesetzt», sagte eine Sprecherin der Dekanin gegenüber kath.ch. Als Grund nennt die TF Sparmassnahmen der Universität: Die TF sei beauftragt worden, «nachhaltige Einsparungen vorzunehmen», antwortet die Sprecherin der Dekanin auf Nachfrage. Ziel dieser Massnahmen sei es, die Fakultät zukunftsfähig aufzustellen und die Qualität von Lehre und Forschung langfristig zu sichern. Dazu seien verschiedene Szenarien geprüft worden.

Konkrete Zahlen nennt die TF nicht. Regierungsrat Armin Hartmann, Präsident des Luzerner Universitätsrats, sagte gegenüber der «Luzerner Zeitung», die Universität müsse insgesamt rund zwei Millionen Franken einsparen, verteilt auf drei Fakultäten. Für die TF bedeute dies etwa eine halbe Million.

Neuausrichtung versus «Schönfärberei»

Wasmaier-Sailer versichert, dass RPI bleibe «ein integraler Bestandteil der Fakultät, und der Diplom- und der Bachelorstudiengang werden weitergeführt». Die Neuausrichtung des RPI «soll seine Relevanz sichern, indem es verstärkt auf aktuelle Herausforderungen in Kirche, Bildung und Gesellschaft reagiert». Die Kernaufgaben des RPI blieben bestehen, auch künftig stehe die praxisnahe Ausbildung in den Bereichen Religionsunterricht, Katechese, Kirchliche Jugendarbeit und Gemeindeanimation im Zentrum. Inhaltlich orientiere sich das Angebot weiterhin am Qualifikationsprofil für Religionspädagog:innen.

Für die Petitionär:innen ist dies «Schönfärberei», wie Mitinitiant Eugen Trost, ehemals Dozent am RPI, auf Nachfrage sagt.  Der Stellenabbau am RPI habe bereits 2021 begonnen. «Auf Wunsch des Universitätsrats wurde das RPI nach und nach in die Theologische Fakultät integriert», sagt Trost, indem fachspezifisch-theologische Lehraufträge beispielsweise zum Alten und Neuen Testament, in Kirchengeschichte oder Philosophie nicht erneuert wurden. «Die Lehre übernehmen Theologieprofessor:innen in ihren regulären Vorlesungen für den akademischen Studiengang Theologie.» Durch diese Akademisierung fehle es etwa an Überblicksvorlesungen, aber auch an Fachdidaktik und an Praxisbezug. Im Unterschied zu den Theologieprofessor:innen seien die früheren RPI-Dozierenden «aus der pastoralen oder religionspädagogischen Praxis» gekommen.

Akademisierung der Ausbildung

Diesen «Synergieprozess» seit 2020 bestätigt Urs Brosi, Generalsekretär der Römisch-Katholischen Zentralonferenz (RKZ), die einen Leistungsvertrag mit dem RPI hat. Der Prozess bedeute, «dass das RPI weniger eigene Lehrveranstaltungen anbieten kann und seine Studierenden mehr Lehrveranstaltungen bei den Theologiestudierenden besuchen müssen». Die RKZ unterstützt das RPI dieses Jahr mit insgesamt gut 282'000 Franken. «Aus Sicht der RKZ schmälert der erwähnte «Synergieprozess» die Attraktivität der RPI-Studiengänge nachhaltig: Studierende, die intellektuell akademisch nicht so stark sind, sind schneller überfordert und steigen eher aus», sagt Urs Brosi. Die Attraktivität sinke zudem, weil «die starke Verbindung der Lehre mit der pastoralen und religionspädagogischen Praxis im Rahmen der Vorlesungen der Theologischen Fakultät nicht gleich ausgeprägt ist wie am RPI».

Luzerner Synodalrat vermisst Konzept

Auch Gabrijela Odermatt, Fachbereich Religionsunterricht und Katechese der Landeskirche Luzern, betont die Bedeutung des RPI: Diese sei «eine wichtige Ausbildungsstätte für kirchliche Berufe in der Deutschschweiz. Die Besonderheit vom RPI liegt in der professionellen Praxisnähe und -reflexion, was das RPI von akademischen Ausbildungsgängen unterscheidet.» Der Bachelorabschluss ermögliche zudem  die Zulassung zu weiteren Studiengängen, darunter der Masterstudiengang Theologie.

Alarmiert ist auch der Luzerner Synodalrat. Er kritisiert in einer Medienmitteilung, dass die kirchlichen Partnerorganisationen «vor den Entscheidungen nicht angemessen einbezogen wurden». Die Landeskirche Luzern finanziert das RPI jährlich mit 50'000 Franken, die Theologische Fakultät mit 150'000 Franken. Der Synodalrat vermisst «eine klare und nachvollziehbare Begründung für die Sparmassnahmen», ausserdem fehle ein Konzept, wie die verbleibenden Aufgaben und die qualitativ hochstehende Ausbildung künftig gesichert werden sollen.»

Tatsächlich gibt sich die TF bedeckt. Auf die Frage, wie die Neuausrichtung des RPI konkret aussehe und wie die TF gewährleiste, dass auch Studierende ohne Matura den Theologievorlesungen folgen könnten, antwortet die Dekanin pauschal: «Zu einzelnen Aspekten der Neuausrichtung sowie zur Organisation künftiger Lehrangebote können wir derzeit keine weiteren Auskünfte geben.»

Studierendenzahlen rückläufig

Betrachtet man die Studierendenzahlen, versteht man, dass die TF beim RPI spart. Im Studienjahr 2010/11 hatte das RPI 96 Studierende, im aktuellen Studienjahr sind es noch 29 im Diplomlehrgang, hinzu kommen 14 Personen, die den Bachelor in Religionspädagogik machen. Im gleichen Zeitraum hat sich die Anzahl Theologiestudierender (Lizentiat, Bachelor, Master) von 94 auf 182 fast verdoppelt. Grund für den Anstieg dürfte die Lancierung des Fernstudiums im Jahr 2013/14 sein. Seit einem Höhepunkt mit 196 Studierenden im Studienjahr 2019/20 ist die Zahl aber ebenfalls rückläufig.

Markant ist der Rückgang am RPI tatsächlich seit dem Studienjahr 2021/22. Das könnte für die Begründung der Petitionär:innen sprechen, die in der Akademisierung des Studiengangs einen Grund dafür sehen. Die TF habe den Rückgang bislang nicht systematisch evaluiert, antwortet das Dekanat auf die Frage nach den Gründen. Gegenüber der «Luzerner Zeitung» argumentierte Wasmaier-Sailer, die Zahlen seien «vor allem aufgrund des sich wandelnden pastoralen Umfelds» rückläufig.

Das Bistum schaltet sich ein

Der Basler Bischof Felix Gmür ist «Magnus Cancellarus» (wörtlich: Grosskanzler) der Theologischen Fakultät Luzern und damit Ansprechpartner für den Papst. Gmür hat sich zum Stellenabbau am RPI bislang nicht geäussert. Für diese Woche hat er jedoch einen Runden Tisch einberufen, wie Jonas Spirig, Sprecher des Bistums, auf Nachfrage mitteilt. Er äussert sich nicht dazu, wer bei diesem Treffen mit am Tisch sitzt. Es bleibt zu hoffen, dass bei diesem Treffen die wichtigsten hier genannten Player miteinander ins Gespräch kommen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kirchliche Ausbildungswege

In der Deutschschweiz gibt es drei theologische Fakultäten: An den Universitäten Luzern und Freiburg sowie an der Theologischen Hochschule Chur. Am Religionspädagogischen Institut, das es nur an der Uni Luzern gibt, kann man einen Bachelor- oder Diplomabschluss in Religionspädagogik erwerben. Für beides ist keine Maturität erforderlich. Religionspädagog:innen werden im Religionsunterricht, in der Katechese, in der kirchlichen oder verbandlichen Jugendarbeit, in der Gemeindeanimation, an heilpädagogischen Schulen, in der Liturgie, aber auch an Fachstellen für Katechese oder Jugendarbeit eingesetzt.

Darüber hinaus gibt es die Ausbildung zum/zur Katechet:in mit Fachausweis (Formodula/Oekmodula). Auch hierzu braucht es keine Matura. Diese berufsbegleitende Ausbildung wird von Fachstellen und/oder Landeskirchen getragen.

Darüber hinaus gibt es den Studiengang Theologie am Theologisch-pastoralen Bildungsinstitut. Dieser stellt derzeit keine formale Berufsqualifikation dar.