«Volk Gottes» soll mitdebattieren

Papst Franziskus hat den Synodalen Prozess überraschend um ein Jahr verlängert. Er möchte das «Volk Gottes» stärker am Prozess beteiligen. Darum soll es nebst der Bischofssynode von 2023 ein Jahr später eine zweite Versammlung geben. Wer daran teilnehmen wird, ist noch offen.

Von Ludwig Ring-Eifel (kath.ch) /sys |  10.11.2022

In Fünfergruppen diskutierten Gläubige letzten Herbst über einen Fragebogen. Nun möchte der Papst die Basis noch mehr einbeziehen. Bild: Anna Graf

Die Ankündigung kam aus heiterem Himmel: An einem Sonntag Mitte Oktober beim Angelusgebet sagte Papst Franziskus, er wolle den Synodalen Prozess um ein Jahr verlängern. Mit dieser Ausweitung reagiert der Papst auf die Kritik konservativer wie auch fortschrittlicher Kreise. So galt der Prozess etwa in liberalen Kreisen als reine Bischofsveranstaltung, die Mitwirkungsmöglichkeiten der Basis beschränkten sich bislang auf das Beantworten von Fragebögen – im Bistum Basel etwa mit der Umfrage «Wir sind Ohr».

In konservativen Kreisen war zu hören, der Papst setze mit der Synode viel aufs Spiel, denn die Versammlung im kommenden Oktober sei in ihrer Dynamik unberechenbar, Manipulationen seien zu befürchten. Offenbar setzt Franziskus darauf, dass zwei Versammlungen mehr Überzeugungsarbeit in beide Richtungen ermöglichen. Schon bei der Familiensynode, die zu einem anderen kirchlichen Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen führte, waren zwei Versammlungen nötig, um zu einem tragfähigen Ergebnis zu kommen.

«Volk Gottes» einbeziehen

Zugleich bringt die Verlängerung aber auch ein erhöhtes Risiko mit sich. Denn sie bedeutet nicht bloss eine zeitliche Ausdehnung des Beratungsprozesses unter Bischöfen. Vielmehr soll sie nach dem Willen des Papstes dazu führen, dass die synodalen Anstösse auch vom «Volk Gottes» debattiert werden. Wie genau das geschehen soll, ist noch unklar – ebenso die Frage, ob es bei der nun neu festgelegten Abschluss-Synodalversammlung im Oktober 2024 eine Beteiligung des «Volkes Gottes» geben wird.

Immer deutlicher zeichnet sich in den Texten des Generalsekretariats der Synode  ab, dass neben dem Bischofskollegium, das bisher (mit dem Papst) alleiniges Subjekt der Synode auf Weltebene war, immer mehr auch das «Volk Gottes» zum Akteur werden soll.Eine Synode – bestehend aus Papst, Bischöfen und «Volk Gottes» – wäre ein Novum, das wegen der ungeklärten Frage der Repräsentativität zu Spannungen führen könnte.

Freude und Skepsis

Die Ankündigung, die Basis mehr einzubeziehen, wird hierzulande grundsätzlich begrüsst, jedoch auch skeptisch betrachtet, wie Nachfragen von kath.ch zeigen: «Bleibt es weiterhin dabei, dass die Getauften zwar ‹gehört› werden, aber keinerlei Mitentscheidungsrechte erhalten?», fragt etwa Daniel Kosch, Generalsekretär der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz.

Auch Jubla-Bundespräses Moritz Bauer sagt gegenüber kath.ch: «Beim reinen Anhören darf es jedoch nicht bleiben. Der Einbezug von jungen Menschen muss aus unserer Sicht sowohl gesamtkirchlich wie auch in der Schweiz verbindlich, wirksam und nachhaltig geschehen.» Helena Jeppesen, Vertreterin der «Fastenaktion» in der «Allianz Gleichwürdig Katholisch», fügt an: «Die Ausweitung darf nicht dazu führen, dass anstehende Entscheidungen weiter hinausgezögert werden. Sie ist eine Chance, diese in den lokalen Kirchen breiter zu diskutieren und einen Konsens dazu zu finden.»

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